Samstag, 7. April 2012

Cambodia - Siam Reap und Angkor Wat

Nach einer recht angenehmen Nacht im Schlafwagen von Chiang Mai nach Bangkok geht es gleich mit dem Bus weiter zur kambodschanischen Grenze. Mit ein paar Polinnen teile ich mir ein Tuk Tuk. Eine der beiden kennt das Procedre schon und winkt daher sofort ab, als unsere Fahrerin zielstrebig einen der Hinterhofs-Visaverkäufe ansteuert. Es scheint gängige Praxis zu sein, unwissenden Touristen ein paar Meter vor der Grenze ein überteuertes Visum zu verkaufen. Mit dem Hinweis, dass man schon ein Visum hätte, wird man aber anstandslos zur eigentlichen Grenze gefahren.

Aber selbst hier ist man nicht vor Abzocke sicher: Eigentlich sollte das Visum 20 $ - oder 1000 Baht - kosten. Der kluge Traveller zahlt natürlich in Dollar, weil das um einiges billiger kommt. Denkste! Zumindest der Grenzposten in Poipet verlangt nämlich 20 $ + 100 Baht... für was auch immer.

Direkt nach der Grenze gibt es einen kostenlosen Shuttlebus zu einer offensichtlich von staatlicher Seite unterstützten Busstation mitten im Nichts. Hier herrschen Festpreise, und für die 2 h Fahrt nach Siam Reap sind ganze 9 $ fällig. Wir überlegen uns erst, ein Taxi zu teilen, aber da die Angstellten uns versichern, dass der Bus "gleich" abfahren würde, holen wir uns doch ein Busticket.
Natürlich vergeht danach noch eine knappe Stunde bis zum "gleich"...

In Siam Reap angekommen, passiert doch noch etwas Erfreuliches: Im Preis fürs Busticket ist eine kostenlose Tuk Tuk Fahrt zum Wunsch-Guesthouse inbegriffen! Zusammen mit zwei Holländern und einem Aussie quetsche ich mich also auf ein Tuk Tuk und wir steuern die billigste Unterkunft in Siam Reap an. Dort ist leider kein 1 $ - Dorm mehr frei, also teilen wir uns für die erste Nacht ein Dreibettzimmer.

Am nächsten Tag geht es abends auf zum wohl bedeutendsten Bauwerk Kambodschas - Angkor Wat. Mit Angkor Wat bezeichnet man eigentlich nur den "Haupttempel", aber mittlerweile wird er als Synonym für die ganze Gegend verwendet, in der mehrere hundert Tempel stehen. Das Ganze ist angeblich das größte religiöse Bauwerk der Welt... als Atheist könnte man sich jetzt Gedanken über die sinnlose Verschwendung von Arbeitskraft und Material machen.
Heutzutage ist Angkor Wat jedoch die Gelddruckmaschine schlechthin für die Region, wenn nicht gar fürs ganze Land.
Das geht sogar so weit, dass es Touristen in Siam Reap verboten ist, Roller zu mieten - schliesslich müssen die Tuk Tuk Fahrer auch was verdienen! Vermutlich ist es aber gar nicht schlecht, denn wenn diese Massen an Touristen alle einzeln auf Rollern fahren würden, gäbe es wohl endlose Staus und Unfälle ;)

Wie viele andere auch wollen wir den "Free Sunset" mitnehmen - wer nach 5 p.m. kommt, erhält nämlich gleich das Ticket für den nächsten Tag. Bei läppischen 20 $ Eintrittspreis will man natürlich so viel wie möglich mitnehmen.

Angkor Wat - der Haupttempel


Der Tempel ist tatsächlich recht eindrucksvoll. Der Weg durchs Eingangstor führt über einen breiten Wassergraben, und die Ausmaße des Tempels sind einfach gigantisch. Leider trübt ein Baugerüst an den markanten drei Türmen das Erlebnis etwas - und verhindert gute Fotos. Wir wandern bis zum Einbruch der Dunkelheit durch die unzähligen Gänge des Gebäudes, jeder auf seinem eigenen Weg. Als es dunkel ist, gehe ich wieder Richtung Ausgang zu unserem Tuk Tuk Fahrer. Den Australier finde ich wieder, aber die beiden Holländer tauchen nicht auf. Zusammen warten wir... das Tempelgelände wird inzwischen geschlossen, drin dürfte eigentlich niemand mehr sein. Wo stecken die bloß? Nach einer halben Stunde wird es uns zu blöd und wir fahren alleine zurück.
Als ich nach dem Abendessen zurück ins Guesthouse komme, stehen die beiden auf einmal da: "Wir sind etwas länger geblieben, irgendwo in der hintersten Ecke des Tempels... war ganz toll, wir hatten das ganze Gelände für uns allein und hatten vollkommen die Zeit vergessen...". Okay. Danke auch.

Aussichtsballon
Am nächsten Morgen stehen wir bereits um 4:30 auf, um den Sonnenaufgang über dem Tempel zu sehen. Wer denkt, dass es nicht so viele Leute gibt, die so blöd sind - falsch. Das Gelände ist fast noch voller als am Abend zuvor, alle Leute sammeln sich in derselben Ecke, von der aus man das "perfekte" Foto mit der aufgehenden Sonne direkt über dem Tempel machen kann... Mir wird das Ganze etwas zu trubelig, schliesslich hatte ich die Wochen davor wunderbare Sonnenauf- und -untergänge an einsamen Stränden.

Sonnenaufgang
Unsere Runde führt weiter zum Ta Prohm, dem Tempel, an dem Lara Croft in "Tomb Raider" vorbeigelatscht ist. Ganz nett, ja - aber man merkt, dass ein Großteil der Vegetation, die bis vor ein paar Jahren den gesamten Tempel überwuchert hat, zurückgeschnitten worden ist.

Ta Prohm
Hinter dem Tempelberg Baphuon steckt eine witzige Geschichte: Der Berg wurde Mitte des 11. Jahrhunderts offensichtlich unter großem Zeitdruck erbaut, weshalb man sich nicht die Zeit für ein ordentliches Fundament nahm. Da dieser Tempel wie die meisten anderen über hunderte Jahre hinweg nicht verwendet wurde, stürzte ein Großteil davon ein. 
In den 60ern begann man, die Steine nach und nach wieder zusammenzupuzzeln - bis die Roten Khmer an die Macht kamen. Obwohl diese die meisten Tempel in Ruhe liessen, machten sie vor Baphuon nicht Halt. 1975 lag wieder ein Großteil der Steine quer im Urwald verstreut und die früheren Aufzeichnungen waren nicht mehr zu finden.
Mit Hilfe französischer Archäologen begann das Puzzlespiel von Neuem und wurde schliesslich 2011 abgeschlossen. Man kann an vielen Steinen immer noch die Markierungen erkennen, die beim Zusammensetzen helfen sollten.

Baphuon - wer entdeckt den liegenden Buddha?
 Der letzte Tempel unserer Runde  ist Bayon, der Tempel der tausend Gesichter. Egal wo man steht, man wird von mindestens einem in Stein gemeißeltem Gesicht beobachtet - etwas irre. Angeblich war das Gesicht des Königs Vorbild für die grinsenden Türme.

...und jetzt bitte recht freundlich!
Weil wir schon so früh gestartet sind, haben wir unsere geplante Runde bereits gegen Mittag geschafft. Ich hätte zwar gerne noch den ein oder anderen Tempel erkundet, aber die anderen wollen zurück und auch unser Tuk Tuk Fahrer fängt das Jammern an, dass er ja schon so viel Benzin verfahren hätte, und überhaupt... Also treten wir den Rückzug an.

Um doch noch ein  bisschen was vom 20 $ Ticket zu haben, radle ich zusammen mit dem Australier abends nochmal raus zu den Tempeln. Eigentlich wollten wir auf DEN Aussichtsberg schlechthin, um noch einmal den Sonnenuntergang über Ankor Wat zu sehen - die Idee hatten aber offensichtlich mehrere. Es ist so voll, dass bereits um 5 Uhr nachmittags der Zugang zum Aussichtsberg abgesperrt wird. Wir radeln etwas enttäuscht zurück und setzen uns an den See, der den Haupttempel umgibt.

 Am nächsten Tag erzählt der Holländer, dass er von einem Freund den Tip bekommen hätte, Baeng Malea, einen Tempel etwas ausserhalb der Stadt zu besuchen. Da ich nichts besseres zu tun habe, komme ich natürlich mit. 
Allein schon die 60 km lange Tuk Tuk Fahrt durchs ländliche Kambodscha ist interessant, doch der Tempel übertrifft alles. Das ganze Gelände ist komplett zugewachsen und größtenteils verfallen. Es gibt zwar einen hölzernen Rundgang, aber man kann auch einfach abseits durch die Ruinen wandern, über Dächer und halb eingestürzte Gänge klettern... Indiana Jones - Feeling pur! Aufgrund der recht abgelegenen Lage ist auch um einiges weniger los als bei den "wichtigen" Tempeln.

Ich klettere so vor mich hin, da ist auf einmal ein kleiner Junge neben mir. "Hey, do you like climbing? I show you way!" Der will sich wohl als Fremdenführer verdingt machen... ich lehne trotzdem dankend ab.

Fremdenführer beim Baeng Malea
 Auf dem Rückweg halten wir in einem kleinen Dorf mitten im Nirgendwo, um noch etwas zu essen. Die Besitzer einer kleinen Garküche sind offensichtlich vollkommen überrascht, dass auf einmal Farangs zu ihnen kommen. Keiner der Erwachsenen spricht Englisch - die große Stunde für einen kleinen Jungen. Der kann immerhin zwei Worte - "chicken" und "one". Es gibt also Reis mit Chicken und Reis mit irgendwas, das kein Chicken ist, und bezahlen dafür einen Dollar. Der Junge ist sichtlich stolz, dass er soeben mit uns 5 Dollar verdient hat - Einheimische zahlen vermutlich halb so viel.

Baeng Malea

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